Heute habe ich mal den Sonntag mit einem Buch von dem Schauspieler Edgar Selge ausklingen lassen. Bei seinem Debüt handelt es sich um ein autofiktionales Buch, das von seiner Kindheit um 1960 erzählt. Aus der Sicht des zwölfjährigen Jungen schreibt er in seinen Kurzgeschichten über sein Aufwachsen in einem gutbürgerlichen musikalischen Haushalt.
Die erste Erzählung beginnt schleppend. Detailreich wird ein Hauskonzert beschrieben, das in seinem Elternhaus stattfindet. Der Vater ist Gefängnisdirektor, spielt selbst Klavier und hat hierzu einige seiner Insassen eingeladen. Die Mutter blättert die Noten um. Ich rate, das Buch nicht zur Seite zu legen, sondern in den Schreibstil einzutauchen, denn gerade in diesen Details liegt eine Tiefe.
Der junge Edgar Selge beobachtet und erweist dabei erhebliche Menschenkenntnisse. Durch die Familie ziehen sich Risse. Der Krieg ist noch nicht lange her und es gibt einige politische Auseinandersetzungen der beiden älteren Brüder mit den Eltern. Häufig denkt oder spricht der Zwölfjährige im richtigen Moment die richtigen Fragen, wie auf Seite 113 des Buches: „Sag mal, Papa, hat dich dein Vater je geschlagen? Für alle kommt die Frage unerwartet. Aber du wirst rot, lieber Papa. Jawohl, du wirst feuerrot. Und nicht, weil du an Ohrfeigen denkst, die du verteilst.“ Die Kindheit von Edgar Selge geprägt durch Musik, Rohrstock und Flucht in seine Fantasiewelt. „Hast du uns endlich gefunden“ ist absolut empfehlenswert.
(eigenes Exemplar, unbeauftragte Werbung)

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